Am 26.05. fand die dritte Ausgabe der Bzzzz statt, eine Musikwirtschaftskonferenz, in der es um regionalen und nationalen Austausch geht, ums Lernen, Vernetzen und Verbinden. Und ganz stark auch darum, eine gemeinsame Stimme als Branche zu finden. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung vom Fachverband der Film- und Musikwirtschaft mit der AKM, der IFPI und dem VTMÖ – ein schönes Zeichen für diese Gemeinsamkeit.
Ein wesentlicher Hintergrund für die Initiierung der Konferenz war schon 2023, dass das Spielfeld Musikwirtschaft in Österreich trotz durchaus positiver Entwicklungen über die letzten zehn Jahre immer noch sehr fragil ist und dringend strukturelle Verbesserungen bräuchte. Etwas, wofür neben der gemeinsamen Stimme auch ein zuhörender Empfänger – letztlich die Politik – nötig ist.
Als „Miterfinder“ der Bzzzz durfte ich zur Eröffnung ein paar Worte an die versammelten Konferenzteilnehmenden richten; in der Folge teile ich mit euch einen Auszug daraus:
Strukturelle Prozesse beginnt man mit Analyse. Und die kann schnell erschütternd sein. Ja, wir haben die Musikwirtschaftsstudie, die uns erklärt, wie wertvoll und wichtig die Branche ist, welche gigantischen Auswirkungen sie auf die Gesamtwirtschaft hat und noch mehr haben könnte. Ja, wir haben den Song Contest gewonnen und können wieder ein bisschen stärker behaupten, wir seien ein Kulturland.
Aber wie sieht es wirklich aus?
Die letzten Jahre waren wild und haben eine ohnehin schwierige Situation für die meisten noch extremer gemacht. Die Lebensumstände von Musizierenden sind meist absolut prekär, verdient wird am oder unter dem Existenzminimum. Die Meisten brauchen vier, fünf, sechs Standbeine, um durchzukommen. Für die Glücklicheren ist das Musikunterricht, für die anderen die Gastronomie. Man schlägt sich durch, um Musik zu machen und dazu beizutragen, dass es am wirtschaftlichen Effekt gemessen der drittgrößte Wirtschaftszweig des Landes ist.
Sind wir eigentlich völlig wahnsinnig?
Die Menschen, die sich um die Musiker:innen kümmern – Labels, Verlage, Managements, Agenturen – sie sind zumeist Einzelkämpfer mit demselben Problem. Manchmal schaffen sie es, ein, zwei Angestellte dazuzuholen, die sie dann mehr schlecht als recht bezahlen können. Die gehen in den Job, weil sie leidenschaftlich gerne mit Musik zu tun haben und sprichwörtlich dafür brennen. Das Resultat dieses Feuers sind ein paar Jahre energischer Rausch – und dann ein Burnout. Und ich weiß leider sehr genau, wovon ich spreche.
Sollte man das wirklich wollen?
Schaut man in die sozialen Medien, finden sich Dutzende Angebote, die das goldene Rezept, das perfekte Playlist Pitching, das Karriere-Push-Tool, das wahre Geheimnis des Erfolges und so weiter versprechen. Sie spielen mit der Verzweiflung, die sich aus all dem ableitet. Sie verkaufen die Hoffnung, dass es sich doch irgendwie machen lässt und ausgeht.
Geht es uns eigentlich noch gut?
Die letzten 10 Jahre haben in Österreich neue Stars ans Tageslicht gebracht und es ist eine schöne Welle an Erfolgen entstanden – von Wanda bis Rian, von Pizzera & Jaus bis Bibiza. Und was ist das Resultat? Die größten Plattenfirmen des Landes ziehen Personal ab und verwalten ihren Katalog aus Berlin. Die aufgenommenen Talente aus Österreich werden weniger, müssen dann aber sein und klingen, als ob sie aus Deutschland wären und im besten Fall gleich nach Berlin ziehen. Sie werden im klassischen Brain Drain verloren. Selbst die AKM kann ein Lied davon singen.
Es stellt sich also die absolut ernst gemeinte Frage: Ist es diese Branche Wert, gerettet zu werden? Will sie denn überhaupt gerettet werden? Kann sie denn gerettet werden?
Jetzt seid ihr vielleicht hier, um Antworten zu hören, aber ich bin nur
hier um zu sagen: Die Antwort seid ihr selber. Wir können sie nur gemeinsam geben. Und die Antwort liegt im Wort gemeinsam: Unsere Einheiten so klein, so weit verstreut, so vielfältig, dass sie uns oft als Schwäche ausgelegt und ausgenutzt werden; unsere Branche und unsere Strukturen schwach aussehen lassen. Denn Einzelne kann man leicht ignorieren und klein halten; eine kleine Szene belächeln, ein obskures Genre uncool finden.
Aber gemeinsam sind wir die drittgrößte Wirtschaftsmacht des Landes. Und plötzlich muss man uns ernstnehmen – gerade in Zeiten wie diesen: Nirgends ist „investieren“ so billig wie in kleine, flexible und bewegliche Einheiten. Erst recht nicht, weil nirgends das, was zurückkommt, so viel mehr ist, als Geld oder Wirtschaftskraft. So vielfältig, so regional, so bunt und so emotional, so sinnstiftend, so wertvoll, so nachhaltig, so lebensbegleitend wie die Musik.
Die Konferenz war übrigens, wenn man mich fragt, ein großer Erfolg. Ein volles Haus, ein „brummender Bienenstock“, sehr interessierte Teilnehmende; viele große und kleine Gespräche und äußerst inspirierende Vorträge und Podien. Und im besten Fall das gute Gefühl, das man mit seinen musikwirtschaftlichen Sorgen und Problemen ganz und gar nicht alleine ist und sie gemeinsam leichter und besser lösen kann.


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