Kate Bush’s „Running Up That Hill“ ist nicht der erste Song, der durch eine kluge Platzierung am Schirm ein „Second Life“ erhalten hat. Das Paradebeispiel aus unserem Arbeitsfeld Synch ist die perfekte Gelegenheit, ein „Dirty Dozen“ zu gestalten und ein Dutzend Beispiele auszugraben, bei denen alte Hits in neuem Kontext einer neuen Generation unterbreitet wurden.
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Should I Stay Or Should I Go, Levis
Mit wegweisenden Werbeclips verhalf Levi’s in den 1980ern und 1990ern nicht nur seinen 501er Jeans zum Revival, sondern auch einer Reihe von Hits. 1982 einer der kommerziell größten Hits für The Clash, aber nur bis auf Platz 17 der Charts kletternd; sorgte der TV-Spot für ein Erobern der Chartspitze 1991: „Should I Stay Or Should I Go“ or should i just come back?
Sexy Männer in Jeans, das hat schon ein paar Jahre vorher funktioniert. Ab 1986 wurden von Levi’s der Reihe nach Blues-, Soul- und RocknRoll-Klassiker (What A Wonderful World, Mannish Boy, My Girl, Be My Baby) wieder in die öffentlichen Gehörgänge befördert und haben die Jeansmarke nachhaltig mit dem „American Way of Life“ verbunden.
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My Baby Just Cares For Me, Chanel
Dasselbe Schicksal ereilte Nina Simone’s „My Baby Just Cares For Me”, ein zum Jazz-Standard gewordener Hit aus 1958. Drei Jahrzehnte später holt Chanel den Klassiker für seine No.5 aus der Mottenkiste und beschert Nina Simone eine späte Nummer 1. (Mit damals 54 war sie aber deutlich jünger als Kate Bush heute).
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Reet Petite, Arena
Der berühmte 80er-Videoclip zu Nina Simones Stück https://www.youtube.com/watch?v=0RbYsAI15I8) war angelehnt an einen anderen bemerkenswerten Erfolg der Zeit: Die BBC 2-Show „Arena“ gestaltete 1986 einen Clip mit animierten Tonfiguren auf Basis von Jackie Wilsons „Reet Petite“ aus 1957. Das von Berry Gordy geschriebene Stück half diesem seinerzeit, Motown Records zu starten. 29 Jahre später, 3 Jahre nach Wilsons Tod, wurde der Song plötzlich und unverhofft erneut zum Top-Hit und erreicht in vielen Ländern, u.a. im UK, Platz 1.
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Bohemian Rhapsody, Waynes World
1975 ein Meilenstein in und für die Bandgeschichte von Queen, holte „Bohemian Rhapsody“ 15 Jahre später noch einmal Luft, um letztlich doch noch #1 der britischen Charts zu erreichen: Die Blödelkomödie „Wayne’s World“ hatte ihren legendärsten Moment, als im Auto heftig zum Breakdown des Klassikers geheadbangt wurde.
Die Platzierung des Songs im Film durchzusetzen war gar nicht so einfach, sorgte letztlich aber wohl nicht unwesentlich dafür, wie erfolgreich und legendär er wurde (https://screenrant.com/waynes-world-bohemian-rhapsody-scene-mike-myers-story/).
5
My Sharona, Reality Bites
Kaum etwas hat die „Generation X“ so gelungen porträtiert und als Zielgruppe versammelt wie der Film „Reality Bites“ 1994. Winona Ryder, Ethan Hawke und Ben Stiller ließen sich dabei u.a. von The Knack’s Rock-Klassiker „My Sharona“ aus 1979 beschallen – was dem Hit ein Grunge-Ära-Comeback bescherte.
6
Unchained Melody, Ghost
Nochmal Tonfiguren. Demi Moores Keramik-Künste in „Ghost“ sind der entscheidende Beitrag zur Wiederauferstehung (sic!) der Righteous Brothers im Jahr 1990. Ihre „Unchained Melody“ stürmt auf dem Rücken des Kinohits die Charts – mehr als 20 Jahre nach dem ursprünglichen Erscheinen des Titels. Fun Fact: Einer der beiden Righteous Brothers ist Bill Medley, dem mit „Ghost“-Hauptdarsteller Patrick Swayze auch der Soundtrack zu Dirty Dancing verbindet. Dort hat er mit Jennifer Warnes seine „Time Of My Life“.
7
You’ve Lost That Lovin’ Feelin, Top Gun
Vielleicht war man auf die Righteous Brothers überhaupt nur gekommen, weil der Trick schon ein paar Jahre vorher exzellent funktioniert hat: Wenn Tom Cruise in Navy-Uniform „You’ve Lost That Lovin‘ Feelin‘“ schmettert, hat der „Top Gun“-Plot schon gut erklärt, mit welcher Paarung der Film zu Ende gehen wird.
8
Pink Moon, Volkswagen
Welch bittere Ironie hinter solchen Geschichten steckt, zeigt kaum ein Beispiel besser als das von Nick Drake. 1974 stirbt er an einer Überdosis Anti-Depressiva; zu Lebzeiten gilt er als gescheitertes Talent. 26 Jahre später holt ihn ausgerechnet eine Cabrio-Werbung von Volkswagen aus der Versenkung und in die kollektive Wahrnehmung einer neuen Generation. „Pink Moon“ (aus 1972) wird doch noch zum Hit.
9
Dreams, Cranberry Juice
Ein mittelalter Mann cruised auf seinem Skateboard dahin, trinkt Cranberry Juice und postet das Ganze auf TikTok. Er unterlegt das mit Fleetwood Mac’s „Dreams“ aus 1977. Das seit Jahren schwelende Revival der Band erlebt seinen Höhepunkt, der harmlose Clip befördert den Song und das Album „Rumours“ zurück in die Charts.
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Don’t Stop Believin‘, Sopranos
2007 sorgt das Season Finale der Sopranos für einen sprunghaften Anstieg der Download-Zahlen eines alten Journey-Klassikers – es triggert das zweite Leben von „Don’t Stop Believin‘“. Dutzende Einsätze in anderen Serien – von Scrubs bis Glee (https://www.youtube.com/watch?v=JseWhrUz9TY) machen den Song zum Teil eines unverzichtbaren 80ers-Kanons einer jüngeren Generation.
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Lust For Life, Trainspotting
Ein Haufen Verrückter im Drogenrausch – welch bessere Unterlage könnte Ewan McGregor und Co. besser in „Trainspotting“ hineingleiten lassen als Iggy Pops legendäres, 1977 in Berlin (David Bowie spielt Keyboard!) entstandenes „Lust for Life“. 1996 macht der Soundtrack zu diesem prägenden Kinofilm den Song zum erneuten Hit.
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Running Up That Hill, Stranger Things
In der in den 80ern angesetzten Thriller-Serie „Stranger Things“ rund um die mystischen Abenteuer einer Handvoll Kids spielen ein Walkman und Musik eine zentrale Rolle und verhelfen dem Gerät, der MusiCassette und der Zeit ein unverhofftes Revival. Damit einhergehend natürlich auch der dazugehörigen Musik – zuallervorderst Kate Bushs epischem 1985er-Hit „Running Up That Hill“. Im Mid-Season Finale der vierten Staffel holt er einen der zentralen Charaktere sprichwörtlich zurück ins Leben: