Sonnenschein, mit Hagelsturm.

(15.02.2023)

Heute wurden die IFPI-Zahlen 2022 präsentiert und mir kam dabei einmal mehr die Rolle der Kassandra zu: Ich durfte die Zahlen in die musikwirtschaftliche, österreichische Lebensrealität übersetzen. Denn: Ja, der Gesamtmarkt wächst (um 13%). Ja, Streaming dominiert (79,6% Anteil am Umsatz).

Aber es setzt sich auch der Trend der letzten Jahre fort: Österreichisches Repertoire hat es im internationalen Wettbewerb systematisch schwerer. Von 14,8 Mrd in Österreich abgespielten Songs sind lediglich 3,6% aus heimischer Produktion. Und das ist eine Katastrophe. Die hiesige Musikwirtschaft ist entgegen des Eindrucks der wachsenden Zahlen völlig am Boden. Sie verhungert im Anblick eines voll gedeckten Tisches.

Von 143,8M€ Streaming-Umsatz landen gerade einmal 5,17M€ Wertschöpfung hier. Dass das nicht per se an der Beliebtheit hiesiger Acts liegt, zeigt die Album-Statistik, derzufolge jedes vierte gekaufte oder konsumierte Produkt ein österreichisches ist (24,9%). Aber die Streamingdienste und ihre Algorithmen sind nicht imstande, das entsprechend in den Alltag zu transportieren. Sie bemühen sich mittelmäßig, aber letztlich haben die mächtigen Editorials lokales Repertoire aus Nebenmärkten wie Österreich kaum bis gar nicht am Schirm; die Multiplikationseffekte fehlen, die organische Kraft ist zu gering.

Was können wir also selber tun? Den Musikstandort Österreich können wir nur sinnvoll am Leben erhalten, wenn wir bedingungslos mutig sind. Eine noch viel stärkere Exportorientierung ist geradezu Pflicht. Das vorhandene Talent müssen wir insgesamt auch mit besserer Vermarktung an die Hörer:innen bringen. Das braucht vieles – vor allem entsprechende Netzwerke, Menschen, Knowhow, Professionalisierung – und all das braucht vor allem Geld. Die positiven Effekte von klugen Fördersystemen – kulturell, sozial, ökonomisch – sehen wir seit Jahren etwa im Film wirken. Wenn der Republik irgendetwas an der vielgepriesenen „Kulturnation“ liegt, dann muss sie rasch handeln, sonst wird außer einer glorifizierten Vergangenheit nichts von ihr übrig bleiben.

(P.S.: Haltet euch den 5. Mai frei – als ein Schlüsseldatum für den nächsten Schritt, den wir als heimische Musikwirtschaft selbst setzen können und wollen).

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